Ricarda Linder aus Witten

Wettbewerbs-Auszeichnungen

5. Platz im Genre-Wettbewerb 2022 - Das geschlossene Zimmer
Urteil der Jury

Die Ich-Figur, ein Mann, liest in der Zeitung, dass ein älterer Herr gestorben ist, den er bereits als Kind kannte. Er bittet eine Verwandte, die Wohnung des Verstorbenen betreten zu dürfen. Er möchte Abschied nehmen von seinem früheren Klavierlehrer. Was dann jedoch klar wird: Der Verstorbene war ein Kinderschänder und er hat den Mann, der jetzt in seiner Wohnung steht, missbraucht. 
Der Mann möchte seine Vergangenheit loslassen, er will weitergehen, will die Einsamkeit, die er seit dem Missbrauch fühlt, loswerden. Doch wird das je geschehen? Wird der Tod des Täters sein Leben ins Positive wenden?
Ricarda Linders Text ist kein Krimi, hier passiert kein Mord. Und dennoch ist es ein unterschwellig spannender Text, der die Leser/innen von Anfang an misstrauisch und damit neugierig macht. Der Hauptfigur ist kalt, in der Wohnung riecht es muffig, nach Einsamkeit, der Fußboden knarrt anklagend. In einer klaren, treffenden Sprache hat die Autorin, eine sprachlich versierte Geschichte geschrieben, die ihre Leser/innen am Ende geschockt und nachdenklich zurücklässt. 
 

Das geschlossene Zimmer:

Es ist Herbst und noch nicht sehr kalt. Dennoch friere ich den ganzen Tag. Ich friere auf dem Weg zu der Wohnung und als ich vor dem Eingang auf meine Verabredung warte. Ich friere, als wir durch das Treppenhaus gehen und noch mehr, als wir die... Kurzgeschichte lesen

2. Platz im Genre-Wettbewerb 2021 - Gut oder böse?
Urteil der Jury

Eine Frau sitzt viele Tage neben dem Bett ihres todkranken Mannes. Sie betrachtet das Sonnenlicht und die tanzenden Partikel, die das Zimmer staubig aussehen lassen. Ihr Mann hat nicht mehr die Kraft, aus dem Strohhalm zu trinken, direkt aus dem Glas klappt es. Er schläft ein, wacht nicht mehr auf.
Ricarda Linder hat eine Geschichte geschrieben, in der die Wendung leise und schleichend kommt, wie der Tod. Zuerst erscheint die Ich-Figur wie eine liebende Ehefrau. Aber sie ist es, die ihrem Mann die tödliche Dosis verabreicht hat. Sie hat seine unkontrollierten Wutausbrüche zu lange ertragen. Sie hat ihn getötet. Ist sie nun gut oder böse?, fragt sie sich. Eine Frage, die sich die Leser auch stellen. Doch die Frage bleibt offen. Aber eines ist sicher: Die Frau ist jetzt endlich frei.
Ein Text, der die Leser noch lange beschäftigen wird, ein spannender Text, realitätsnah und unter die Haut gehend.

Gut oder böse?:

Gut oder böse? Ich komme mir vor, als wäre ich mitten in einem alten, verblichenen braungelbgrauen Foto gefangen. Keine Ahnung, wie viele Tage wir schon in diesem Zimmer verbracht haben und ich einfach nur warte, dass es zu Ende ist. Das Sonnenlicht... Kurzgeschichte lesen

Foto Ricarda Linder

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