Vera Gercke ist Autorin und Studienleiterin für den Kompaktkurs Kreatives Schreiben. Gerade ist ihr erster Jugendroman „Mein Jahr hat 13 Monate“ erschienen.
Vera Gerckes Steckenpferd ist die Kreativität. Für unseren Lehrgang „Kompaktkurs Kreatives Schreiben“ hat sie die begleitenden Kreativitätswebinare entwickelt und moderiert diese. Im letzten Jahr ist ihr Trainingsbuch „Auf die Lücke, fertig, los! mit 52 Schreib-Workouts erschienen. Kreativität bedeutet für sie auch, sich in neuen Bereichen auszuprobieren – wie in neuen Genres zu schreiben. Gerade ist ihr erster Jugendroman „Mein Jahr hat 13 Monate“ erschienen. Hier erzählt sie, wie es dazu kam und was sie am Genre Jugendbuch fasziniert.
Liebe Frau Gercke, Kreativität lässt sich ja nicht mal eben so herbeizaubern. Oder doch? Können wir der eigenen Kreativität auf die Sprünge helfen?
VG: Der einfachste Weg zu einem Einfall besteht darin, zwei oder drei Dinge miteinander zu kombinieren, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Dann warten Sie, was das Gehirn daraus macht. Sagen wir mal: Flamingo und Lockenwickler. Na? Rattert es schon? Auf diese Weise kann man seine Kreativität trainieren, jederzeit und überall. Allerdings liegen die guten Ideen hinter den ersten Assoziationen versteckt. Erst wenn Sie die zur Seite räumen, entsteht Platz für gute Einfälle.
Für die Schule des Schreibens halten Sie die Kreativitätswebinare im Kompaktkurs Kreatives Schreiben. Was geben Sie den Teilnehmenden in diesen Webinaren mit?
VG: In den Webinaren üben wir, das Gehirn auf Ideen-Empfang zu stellen. Zum Beispiel mit der Dialogmethode, das sind gezielte Selbstgespräche, mit denen man mehr über die eigene Idee oder die Figuren einer Geschichte herausfindet. Gleichzeitig trainieren wir eine kreative Haltung: spielerisch, neugierig und urteilsfrei. Ohne die merkt man möglicherweise gar nicht, wenn eine Idee anklopft.
Gerade ist Ihr erster Jugendroman erschienen. Es geht um einen Familienkonflikt. Wie ist die Idee zu dem Buch entstanden?
VG: In der Stadt, in der ich lebe, gibt es viele Menschen, die in schwierigen Verhältnissen stecken. Und oft frage ich mich: Wie muss es sein, deren Kind zu sein? Damit hat es im Grunde angefangen. Bis zur letztendlichen Idee war es noch eine weite Reise, auf der ich mehrfach das ganze Konstrukt geändert habe. Aber natürlich kommt in „Mein Jahr hat dreizehn Monate“ auch eine erste Liebe vor – das bin ich der Zielgruppe schuldig.
Was waren die größten Herausforderungen, ein Buch im Genre Jugendbuch zu schreiben?
VG: Die größte Herausforderung bestand für mich darin, ein Gespür für den richtigen Ton zu entwickeln, der bei den jungen Lesenden als eigener Sound widerhallt. Ich bin keine Freundin von Geschichten, die Kindern und Jugendlichen die Welt erklären oder versuchen, eine pädagogische Message rüberzubringen. Beim Jugendbuch muss man sich immer ehrlich fragen: Schreibe ich für meine Zielgruppe oder doch lieber für das pädagogische Anliegen der Elterngeneration? Ich weiß, dass viele motivierte Kinderbuchautor/innen das nicht gerne hören.
Welche Tipps geben Sie angehenden Autor/innen, die sich an ein für sie neues Genre heranwagen möchten?
VG: Entscheidend ist, dass man sein Genre versteht: Grundidee, Sound, Inhalte, Struktur, Erwartungen der Zielgruppe. Da hilft es, Bücher aus dem Genre zu lesen. In meinem Fall von Autor/innen wie John Green, Anne Freitag, Kirsten Boie, Mirjam Pressler. Und man muss Lust auf die Zielgruppe haben. Für mich war die Pubertät eine intensive und sehr emotionale Zeit, die mir bis heute Rätsel aufgibt. Das hat mich letztlich durch den Schreibprozess getragen.