Dramatischere Umstände für ein erstes Kennenlernen kann man sich als Autorin für sein Liebespaar kaum wünschen

Jeanette Limbeck ist Studienleiterin an der Schule des Schreibens und hat ihren zweiten historischen Roman veröffentlicht. Sie erzählt, warum es gerade dieses Genre es ihr angetan hat und was sie ihren Teilnehmenden, die sie als Studienleiterin betreut, mit auf den Weg gibt.

Jeanette Limbeck ist Studienleiterin an der Schule des Schreibens und betreut mit großem Engagement und Expertise Teilnehmende in der Romanwerkstatt. Sie selbst hat ihre Leidenschaft fürs Schreiben historischer Romane entdeckt. 2022 erschien ihr Debütroman „Die Fliegerinnen“ über eine Gruppe sowjetischer Pilotinnen im Zweiten Weltkrieg beim Grafit Verlag. Gerade hat sie ihren zweiten Roman „Die Farben der Revolution. Éléonore und Robespierre“ bei Knaur veröffentlicht.

Liebe Frau Limbeck, Sie haben Ihr Faible für geschichtliche Themen entdeckt. Wie kam das?
Geschichte hat mich schon immer fasziniert. So wie andere Heranwachsende in Fantasywelten abtauchen, bin ich in historische Epochen abgetaucht, deshalb war es eigentlich auch immer klar, dass ich über geschichtliche Themen schreiben werde. Das größte Kompliment, das man mir heute zu meinen historischen Romanen machen kann, lautet: „Das ist eine andere Welt“. Denn es erfordert Weltenbau, eine historische Epoche durch Handlung und Figuren greifbar zu machen, ähnlich wie bei Fantasy oder Science Fiction, gerade wenn das Historische mehr sein soll als nur angedeutete Kulisse.

Gerade ist Ihr neuer Roman „Die Farben der Revolution. Éléonore und Robespierre“ erschienen. Er erzählt die Liebesgeschichte von Robespierre und Éléonore während der Französischen Revolution. Was hat Sie an diesem Thema fasziniert? Wie haben Sie dafür recherchiert? 
JL: Die Französische Revolution ist eine sehr alte Liebe von mir. Als ich auf Éléonore Duplay stieß, war endlich auch die Protagonistin gesetzt, denn ich wollte unbedingt aus der Perspektive einer Frau schreiben, die die Revolution unterstützt und sie positiv beurteilt. 
Viel ist nicht bekannt über Éléonore, außer dass ihr Vater Schreinermeister auf der Rue Saint-Honoré in Paris und Mitglied des Jakobinerklubs war. Selbst dass sie Malerin und mit Robespierre verlobt war, ist nicht zweifelsfrei belegt, doch vieles spricht dafür. Das hat mir als Autorin gewisse Freiheiten bei der Ausgestaltung ihrer Persönlichkeit und ihrer Ansichten (etwa in Bezug auf Frauenrechte) eröffnet. 
Um für den Roman zu recherchieren, habe ich sehr viel auf Englisch und Französisch lesen müssen, denn leider ist das, was man in deutschen Publikationen zur Französischen Revolution lesen kann, häufig überholt. Bei den Recherchen für Éléonores Malerei hat mich eine Kunsthistorikerin vom Städelmuseum in Frankfurt unterstützt, die auf die Malerei des 18. Jahrhunderts spezialisiert ist. 
Und natürlich bin ich sehr viel in Paris herumgestiefelt. Der Tuilerienpalast, in dem so viele wichtige Szenen spielen, fiel leider 1871 einem Brand zum Opfer, aber es gibt natürlich noch den Tuileriengarten, den Louvre, das Hôtel de Ville, die Rue Saint-Honoré mit dem Haus, in dem Éléonores Familie und Robespierre lebten … 

Ihr Roman erscheint bei Knaur. Wie ist es dazu gekommen?
JL: Wie schon mein erster Roman „Die Fliegerinnen“, wurde auch „Die Farben der Revolution“ von meiner Agentin Anne-Katrin Weise vertreten. Für mich war von Anfang an klar, dass ich den Weg über eine Agentur gehen würde, denn das erhöht die Chancen, dass das Manuskript überhaupt geprüft wird. Da es unser zweites Buch war, hat meine Agentin die Entstehung von „Die Farben der Revolution“ von Seite eins an mitbegleitet. „Die Fliegerinnen“ war als historischer Spannungsroman beim Grafit Verlag sehr gut aufgehoben. Aber für den eher klassischen Plot von „Die Farben der Revolution“ brauchte ich einen breitaufgestellten Verlag, so dass das Buch dann bei Droemer Knaur seine Heimat gefunden hat.   

In Ihren historischen Romanen verweben Sie damalige Zeitgeschichte und Lebensumstände mit einem packenden Plot. Wie gelingt das?
JL: Durch die Wahl der Figuren war gesetzt, dass ich tief in die Chronologie der Revolution würde einsteigen müssen. Man kann nicht über Robespierre schreiben und die Revolution als etwas abhandeln, das irgendwo im Hintergrund passiert – sie war sein Leben!
Sämtliche Wendepunkte der Romanhandlung um Éléonore Duplay und Maximilien Robespierre sind immer mit tatsächlichen Ereignissen gekoppelt. Der Historie nach müssen sich die beiden zum ersten Mal am 17. Juli 1791, nach dem Massaker auf dem Marsfeld, begegnet sein. Robespierre wurde als Demokrat per Aushang gesucht und musste bei Éléonores Familie untertauchen, um nicht verhaftet zu werden. 
Dramatischere Umstände für ein erstes Kennenlernen kann man sich als Autorin für „sein“ Liebespaar kaum wünschen. Das habe ich für die gesamte Dramaturgie des Romans so beibehalten: die Auseinandersetzung um den Krieg, der Tuileriensturm, die Hinrichtung der Dantonisten – das alles hat immer direkte Auswirkungen auf das Leben der beiden und umgekehrt. Der Plot und die Revolution sind miteinander verzahnt.

Sie betreuen als Studienleiterin an der Schule des Schreibens Teilnehmende in der Romanwerkstatt bei ihren Romanprojekten. Wie unterstützen Sie sie, damit sie am Ende tatsächlich ihr fertiges Manuskript in Händen halten?
JL: Bei der Textarbeit ist mein Credo: Weg vom Problem, hin zu den Lösungen. Ich kritisiere nichts, ohne aufzuzeigen, wie man es anders machen könnte. Besonders schön finde ich es, wenn das unter Verweis auf Textstellen gelingt, an denen die Autorin oder der Autor das bereits geschafft hat. 
Wenn es allerdings um den Stoff geht, die Figuren, die Prämisse, das eigentliche Herz der Geschichte, dann ist meiner Erfahrung nach weniger oft mehr und die Vorschläge sollten nicht zu konkret werden. Denn das alles hängt unmittelbar mit den ganz persönlichen Gründen zusammen, warum die Autorin dieses Buch schreiben will. Wenn es meine Idee und mein Roman wären, hätte ich vielleicht eine andere Vision. Aber ich will nicht das Bild, das ich vielleicht vom Roman habe, der Autorin überstülpen, sondern dabei assistieren, ihre Vision Wirklichkeit werden zu lassen. 
Dieses Spannungsfeld, in dem man sich als Studienleiterin bewegt, übt auf mich einen großen Reiz aus und macht meine Arbeit so interessant für mich. 

Welche 3 Tipps geben Sie angehenden Autoren und Autorinnen mit, die sich ihren Traum vom Schreiben und eigenem Buch erfüllen möchten?
JL: Ein Buch zu schreiben, dauert lange. Wählen Sie ein Thema oder Setting, für das Sie wirklich brennen. Das macht es leichter, die Disziplin aufzubringen, wenn der erste Rausch verflogen ist. 
Setzen Sie sich Ziele, die Sie selbst erreichen können. Ob ein Verlag sich meldet oder nicht, haben Sie nicht in der Hand. Aber Sie haben Einfluss darauf, wie gut Ihr Text wird, ob er Sie selbst zufriedenstellt. 
Ich erlebe es immer wieder, dass Autor/innen sich eine hochemotionale Handlung ausdenken, dann aber den gefühlsmäßigen Aufwand scheuen, im entscheidenden Moment in die Haut der Figuren zu schlüpfen. Loten Sie das Potenzial Ihrer Geschichte voll aus! Rühren Sie Ihre Leser zu Tränen, bringen Sie sie dazu, dass sie vor Wut schreien könnten, und von jetzt an bessere Menschen sein wollen. Behalten Sie nichts zurück. 

Im Gespräch mit Jeanette Limbeck
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