Eveline Liedtke aus Mössingen

Wettbewerbs-Auszeichnungen

1. Platz im Genre-Wettbewerb 2024 - Unvermeidlich
Urteil der Jury

In Eveline Liedtkes Unvermeidlich entsteht der ‚Wilde Westen‘ ganz beiläufig vor dem inneren Auge. Wir erleben nicht durch ausufernde Landschaftsmalerei, sondern im Zuge der Handlung die Prärie, über die der Sherriff geritten kommt, die Cowboystiefel, an denen Streichhölzer entzündet werden, Whisky in Blechtassen, gebackene Bohnen, und eine Hauptfigur – Susan – die aus einem Bordell entkommen ist und sich mit Bill, einem Gangster, eingelassen hat.  
Das reichhaltige Szenario ist aus Susans Perspektive jedoch vor allem blutig. Die Wolken haben blutige Bäuche, Blut ist wie ein Kissen, auf dem ein Toter liegt. Es spritzt in posttraumatischen Flashbacks aus der Kehle eines ermordeten Jungen und zeigt sich als braune Flecken auf Stiefeln und Säcken voll Geld.
Für Bill, den Leithund der kleinen Bankräuberbande, ist das Töten ‚unvermeidlich‘. Susan erkennt jedoch seine Lust daran. Um weiteres Blutvergießen zu vermeiden, opfert sie sich selbst. Sie verrät und erschießt Bill, wissend, dass sie dafür an den Galgen kommt. Auch das ist für sie ‚unvermeidlich‘. Eveline Liedtke erzählt visuell, spannend und emotional dicht. Der Twist gegen Ende fügt dem Titel Unvermeidlich noch einmal neue Bedeutung hinzu.   

 

Unvermeidlich:

Das Töten hatte ihm Freude bereitet. Sie hatte es ihm angesehen – dieser erwartungsvolle Ausdruck auf seinem Gesicht, kurz bevor er dem Jungen die Kehle durchgeschnitten hatte.
„Wieso hast du das getan?“ Die Worte schlüpften über Susans Lippen, ohne... Kurzgeschichte lesen

2. Platz im Genre-Wettbewerb 2023 - Sukzession
Urteil der Jury

Martin wandert gern, er liebt die Wildnis und möchte sie auch seinen Kindern nahebringen. Als diese nach einem Ausflug im Auto unaufhörlich streiten, verliert Martin die Nerven. „Jetzt ist Schluss!“, brüllt er, gefolgt von dem herrlich buchstäblichen: Und das war es auch. 
Martins Körper überlebt den Unfall, doch seine Persönlichkeit ist wie festgefroren in diesem letzten Moment des Zorns. Er hat sich fortan nicht mehr unter Kontrolle, seine Ehe geht in die Brüche, seine Kinder sind besser dran ohne ihn. Am Ende kehrt Martin zurück in die Wildnis. 
Sukzession – das ist die Rückkehr der für einen Standort typischen Organismen, und Martin befindet sich in einem solchen Prozess der Sukzession: So wie Gras rasch einen aufgeschütteten Erdhügel besiedelt, wächst nun Ignoranz auf Martins Sozialverhalten. 
Stilistisch dicht zwischen Literatur und journalistischer Prosa, sowie reich an starken Bildern, erzählt die Autorin von einem Zusammenbruch der Zivilisation. Der dünne Lack über der wilden Kreatürlichkeit des Menschen platzt ab.
Ob Eveline Liedtke in Sukzession von einem Scheitern erzählt oder vielleicht doch von neuer Hoffnung, diese Entscheidung bleibt den Lesenden überlassen.

Sukzession:

Martins Kinder stritten auf dem Rücksitz schon wieder über irgendeine Belanglosigkeit. Dabei hatte er gehofft, die Tageswanderung durch den Wasenfurter Nationalpark würde sie müde genug machen, um eine friedliche Heimfahrt zu gewährleisten. Nachdem... Kurzgeschichte lesen

Foto-Liedtke-Eveline

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